Gedenktafel in der Buchener Marktstraße angebracht

„Als ich Tante Marie zum Abschied küsste, spürte ich, dass ich sie nie wieder sehen würde.“ So schilderte der 1927 in Buchen geborene Albert Lester den Moment im Jahr 1939, als er kurz vor seiner Flucht aus Nazi-Deutschland seiner Tante Marie Lebewohl wünschte. Seine Vorahnung sollte sich leider bewahrheiten. Lester hat seine Tante nie wieder gesehen.

Als Lester im hohen Alter von dem neuen Projekt „buchen-gedenkt.de“ erfuhr, war für ihn klar, dass er sich daran beteiligen möchte, um dadurch an seine geliebte Tante zu erinnern. Entstanden ist ein Kurzvideo, in dem er sehr persönlich und bewegend über das Schicksal von Marie berichtet. Lester verstarb kurz vor der Vorstellung des Gedenkprojektes im Herbst 2024. Er hat das Ergebnis seiner Bemühungen leider nicht mehr gesehen.

Marie Wolf wurde am 6. September 1899 in der Buchener Marktstraße geboren, wo ihre Familie über dem Textilwarengeschäft des Vaters lebte. Marie stellte ihre Wünsche und Hoffnungen stets hinter die Bedürfnisse ihrer Familie. "S`Mariele", wie die Familie sie liebevoll nannte, kümmerte sich nicht nur um die alternde Mutter, sondern betreute auch als unbezahltes Kindermädchen die beiden Kinder ihrer Schwester Susi. Als eben diese Schwester mit ihrer Familie aus Deutschland floh und das Haus in der Marktstraße verkauft werden musste, zog Marie Ende Juli 1939 nach Baden-Baden, wo sie als Haushaltsgehilfin arbeitete. Am 22. Oktober 1940 wurde sie festgenommen und in das Internierungslager Gurs in Südfrankreich verschleppt. Nachdem sie dort beinahe zwei Jahre unter harten Bedingungen leben und große Entbehrungen ertragen musste, wurde Marie im August 1942 nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.

Dank dem Engagement vieler Akteure kann das Schicksal von Marie heute – 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau – recht genau und mit vielen Details erzählt werden. Forschungen des Bezirksmuseums Buchen im umfangreichen Bildarchiv Karl Weiß brachten Dutzende Aufnahmen von jüdischen Bürgerinnen und Bürgern zu Tage – auch ein Portrait der jungen Marie. Der Buchener Walter Jaegle nahm vor einigen Jahren Kontakt zu seinem Jugendfreund Albert Lester in England auf und ermöglichte dadurch einen regen Austausch von Informationen und weiterem Bildmaterial.

Am ehemaligen Geburts- und Wohnhaus von Marie Wolf in der Marktstraße wurde eine Gedenktafel angebracht. Das Bild zeigt Bürgermeister Roland Burger, Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler, Walter und Mable Jaegle sowie Grafiker Matthias Grimm. (Foto: Stadt Buchen)

Am ehemaligen Geburts- und Wohnhaus von Marie Wolf in der Marktstraße wurde eine Gedenktafel angebracht. Das Bild zeigt Bürgermeister Roland Burger, Stadtarchivar Tobias-Jan Kohler, Walter und Mable Jaegle sowie Grafiker Matthias Grimm.
(Foto: Stadt Buchen)